ANDY WARHOL'S DRACULA
BLOOD FOR DRACULA (Italien)
ANDY WARHOL'S DRACULA (USA), DU SANG POUR DRACULA (Frankreich), DRACULA CERCA SANGUE DI VERGINE (Videotitel Italien)
1974
USA/Italien
98 Min.
Compagni Cinematografica Champion s.p.a.
Paul Morrissey
Andrew Braunsberg
Paul Morrissey (nach Motiven von Bram Stoker)
Luigi Kuveiller
Claudio Gizzi
Carlo Rambaldi
Graf Dracula
Joe Dallesandro .... Mario Balato
  Udo Kier .... Graf Dracula
  Arno Juergens .... Anton
  Maxime McKendry .... Marchesa Di Fiori
  Milena Vukotic .... Esmeralda
  Vittorio de Sica .... Marchese Di Fiori
  Dominique Darel .... Saphiria
  Stefania Casini .... Rubinia
  Silvia Diomisio .... Perla
  Gil Gagni .... Bürger
  Inna Alexeievna
  Emi Califri
  Eleonora Zani
  Roman Polanski .... Gasthausbesucher
Criterion Collection (LD, DVD USA), Atlas Video, Toppic Video/Polyband, VMP, JVC (VHS, Deutschland), CMV Laservision, Best Entertainment, marketing-film (DVD, Deutschland), First Independent Films (VHS, UK), Tartan (DVD, UK)
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Da der kränkliche Graf Dracula in seiner Heimat Transsylvanien zu bekannt ist und überdies durch den Verfall von Sitte und Moral kaum noch Jungfrauen aufzutreiben sind, kehrt er auf Anraten seines Dieners Anton der Heimat den Rücken und zieht nach Italien. Dort soll es noch genügend jungfräuliche Damen geben, zumal man spricht, dass die Familien dort auf Ehre und Anstand größten Wert legen. Kaum sind die beiden angekommen, will es das Schicksal, dass sie mit der vornehmen Familie Di Fiore in Kontakt geraten. Und weil diese Familie über nicht weniger als vier Töchter verfügt und sich überdies von dem blaublütigen Osteuropäer beeindruckt zeigt, ist eine Einladung in die etwas heruntergekommene Villa der feinen Italiener fast nur noch Formsache. Dazu kommt, das die Marchesa Di Fiore auf eine möglichst baldige Vermählung einer ihrer Töchter mit dem Grafen spekuliert, damit etwas von dem Glanz (und Geld) des rumänischen Adelsgeschlechts auch auf ihre Familie herniederfalle, die sich so verarmt präsentiert, dass sie sich außer ihrem Allround-Knecht Mario Balato keine Bediensteten mehr leisten kann. Für den Grafen auserkoren hat die Marchese die drittjüngste Tochter Saphira. Und schon kurze Zeit später, als der formelle Prozess des steifen Kennenlernens vorbei ist, fällt der Graf über sie her - aber natürlich erst, nachdem er sich ihre Jungfräulichkeit hat versichern lassen. Allerdings hat Saphira, ebenso wie ihre Schwester Rubinia, bereits ausreichend Erfahrungen mit dem immerkönnenden Knecht gesammelt. Von Jungfräulichkeit daher weit und breit keine Spur. Dies wird dem Grafen auch schnell klar, nachdem er viel zu hastig vom Blut des Mädchens getrunken hat und ihn ein jäher, beinahe tödlicher Brechreiz überkommt. Obwohl sich Saphira nach dieser Begegnung merkwürdig verhält, steht bei den Di Fiores die Familienschande im Vordergrund. Über diese wird die Marchese gleich am nächsten Morgen durch Anton informiert. Wieder ins rechte Licht will die Marchese ihre Familie mit ihrer Tochter Rubinia rücken, die der Graf als nächstes angeboten bekommt. Und weil ihn frisches Blut lockt, willigt er in diese Beziehung gern und schnell ein. Aber auch Rubina ist nichts weniger als rein und dementsprechend hart fallen die Konsequenzen für den Vampir aus. Nach dieser alles andere als zufriedenstellenden Begegnung ist der Graf derart geschwächt, dass er sich nur noch in sein heimatliches Schloss zurücksehnt. Doch Anton hat bereits herausgefunden, dass Perla, die jüngste Tochter der Familie, von reinem Wesen sein muss und daher vortrefflich für die Zwecke des Grafen geeignet ist. Allerdings hat die Marchesa gegen diese Verbindung ob des zarten Alters des Mädchens etwas einzuwenden. Lediglich dem skeptischen Knecht Mario schwant mittlerweile schon Böses und er kommt zu dem Schluss, dass mit Dracula etwas nicht stimmen muss, zumal sich seine beiden Bettgenossinnen seit ihrer Begegnung mit dem Adeligen ziemlich desinteressiert und apathisch zeigen. Der Graf hat indes die als seltsam und etwas irre abgestempelte, älteste Tochter Esmeralda für sich entdeckt, die über den Verlust ihres Verlobten nie hinweg gekommen ist. Außerdem präsentiert sie sich in der Tat als einziges, wirklich unbeflecktes Wesen der Familie. Nachdem der Graf sie gebissen hat, erscheint allerdings Mario auf der Bildfläche und es kommt zu einer tödlichen Auseinandersetzung...

Obwohl ANDY WARHOL'S DRACULA durchaus Bram Stokers Schauerroman huldigt, betritt der Film zuweilen - wenn auch öfters mal unbeabsichtigt - filmisches Neuland und transportiert die eigentliche Geschichte sehr gekonnt in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Der Adel zeigt sich bereits von seiner zerrütteten Seite und Joe Dallesandro in der Rolle des kommunistisch angehauchten Knechts Mario vermittelt sehr gut, wohin sich die Gesellschaft politisch wie gesellschaftlich bewegt. Überall lauert bereits der Ver- und Zerfall. Diese etwas deprimierende Wirkung wird durch die simplen, aber immer auch sehr eindrucksvollen Sets unterstützt, die für nur wenig Geld und mit einfachsten Mitteln hergerichtet wurden. Die sehr melancholische (aber überaus hörenswerte!) Musik von Claudio Gizzi trägt ihr Übriges zu der gedämpften Stimmung des Films bei. Der Drehstart von DRACULA war noch am selben Nachmittag, an dem das Team die Arbeit an FRANKENSTEIN beendete. Wegen der vielen Außenaufnahmen und des schlechten, in erster Linie für Innendrehs geeigneten 3D-Kameraobjetivs wurde DRACULA in herkömmlicher Weise und in lediglich knapp drei Wochen mit einem nahezu lächerlichen Budget von rund $300.000 auf Zelluloid gebannt. Hauptdarsteller Udo Kier, der erst in letzter Minute auch für diesen Film verpflichtet wurde, musste für die Rolle des kränkelnden Grafen 10 Kilo abnehmen, weshalb er nichts mehr zu sich nahm und nicht ohne Grund völlig geschwächt einige Szenen im Rollstuhl spielt. Ebenso wie bei ANDY WARHOL'S FRANKENSTEIN wird in den Credits der italienischen Fassung Anthony M. Dawson (Antonio Margheriti) als Co-Regisseur aufgeführt, der bei diesem Film für stimmungsvolle Aufnahmen gesorgt haben soll. Wenn dies vielleicht auch nicht vollends der Wahrheit entspricht, so ist doch festzuhalten, dass sich die beiden in Italien entstandenen Warhol-Werke FRANKENSTEIN und DRACULA fast gänzlich von Morrisseys US-Produktionen unterscheiden. Margheriti beansprucht für sich selbst keinerlei Credit als Regisseur, wohl aber als Production Supervisor. Ein nicht zu verachtender Anteil an den Vorbereitungsarbeiten beider Filme ist auch Roman Polanski zuzuschreiben, der in DRACULA in einem Gastauftritt in der Tavernenszene zu sehen ist und Arno Jürgens mit schnippischen Spielchen das letzte Geld aus der Tasche zieht. Im Gegensatz zum sehr blutrünstig geratenen FRANKENSTEIN ist der Umgang mit den Spezialeffekten bei DRACULA auf ein Mindestmaß reduziert, was dem Film sehr zugute kommt. Allein die sehr morbide und fast schon unerträglich gewaltsame Hinrichtung des Grafen fällt sehr blutig aus, entbehrt allerdings auch nicht einer gewissen Komik. Ebenso wie FRANKENSTEIN zeigt sich der Film sehr freizügig, was den Streifen zum einen sehr modern erscheinen lässt, zum anderen auch wunderbar in das Kino der 70er Jahre passt, das - dem Inhalt des Werks nicht unähnlich - die Fesseln verschrobener Moralvorstellungen mit großen und manchmal groben Bildern abzustreifen vermochte. Neben George A. Romeros MARTIN, mit dem eine ganz neue Variante des Vampirismus geschaffen wurde, stellt DRACULA einen der wichtigsten Genrebeiträge besagter Dekade dar und schafft es selbst heute noch mühelos, den Zuschauer - nicht zuletzt durch die hervoragenden Leistungen der Darsteller - in seinen Bann zu schlagen.

Text und Titelgrafik: molotto

 

 

 

"how can I go to italy"

"just want my coffin back"

"my bed"

"the blood of these whores"

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